Donnerstag, 26. August 2010

für den seelenharm ... (Ivano Ferrari)

für den seelenharm
gibt’s den lagerraum:
blutlose viertel und hälften
kärtchen mit geschlechtsangabe
bestimmungsort
genauem gewicht.
man spricht sich aus und tritt auf nierenabfall
knochensplitter und fettschichten.
freier dann verschlingen wir
scheiben rohen fleisches (von den besten vierteln)
grad’ mal ein bißchen salz
aber um so mehr hingabe

Ivano Ferrari, Macello *) (Schlachthof), dt. von mir

Per i problemi dell’anima
la sala stoccaggio:
coi quarti e le mezzene senza sangue
i cartellini del sesso
l’etichetta di destinazione
la delazione cosciente della bilancia.
Ci si confessa pestando reni di scarto
schegge d’ossa e strati di grasso.
Più liberi, dopo, divoriamo
fettine di carne cruda (dei quarti più belli)
appena un po’ di sale
e tanta devozione.

*) In: Nuovi Poeti Italiani 4, Torino 1994 (Einaudi: Collezione di poesia 249)


[…] und im offenen Busen des Viehes / Forscht sie mit starrendem Blicke die atmenden Eingeweide. - Äneide, IV, 63-64 (ü Voß)

Mittwoch, 25. August 2010

es spielt nicht WIRKLICH ...

es spielt nicht WIRKLICH
eine rolle ob
ich den KOPFhörer
oder die brille abnehme
um die messer zurechtzulegen
die du dir für
deine worte wählst die
du dir aus den messern

als worte

ja doch gewählt
gegen dich dann aber
gerichtet wurden

als messer

„du kannst dich eben
nicht mehr ERINNERN“

von mir

und mir ein glas wein zu holen

Marina Abramović - Rhythm 10 ("The Star", 1999)

Dienstag, 24. August 2010

[die spitzen der gräser]

>>> internet-archäologie avec debut-ssy (in wirklich war’s mein erstes italienisches, ins deutsche zurückübersetztes gedicht).

Montag, 23. August 2010

meuchelnd ...

meuchelnd
deucht mich
was

es ficht
mich feucht
der warte-
raum

es glanst
ein tropf

„… und
mal so
blutproben?“

ich stell’
mich in
den wind

Freitag, 20. August 2010

blicke streunen ...

blicke streunen
und aufatmen
„mein bruder“
die katze
auf der mauer
ein wappenlöwe
auf zinnen

das aus der luft
gegriffene
olivenblatt
glatt streichen’s
die finger

das auflodernde
„focul“

Grad so, als wenn in tiefer Nacht
Unsre Sehnsucht ging zugrunde



kursiv leicht abgeändert nach >>> Alfred W. Tütings übersetzung der Eminescu-zeilen:
Tot astfel cînd al nostru dor
Pieri în noapte-adîncã

Mittwoch, 18. August 2010

Bertolt Brecht

fünf hände ...

fünf hände
an jeder
hand

ersticken
die welt

schreiben
ihr sie zu

ohne würge-
male zu
hinterlassen

Montag, 16. August 2010

alla caprese

stillleben

du wirst
vergeblich
nach tomaten
ausschau
halten

kintop

das sei
sagte man
- i m m e r -
eh’ nur
ketchup

Freitag, 13. August 2010

die messer paaren sich ... (Ivano Ferrari)

die messer paaren sich
in der immergleichen farbe des blutes
müd’ der spiele bluten lassender gottheiten
nicht mal die aufregend tiefe tunika (blasse schleimhaut)
kann ihnen freude-nachschub geben
entzündet durch allüberall-emphyseme
liegen sie entkräftet (und wieder saubär)
im runden eimer der zeit

Ivano Ferrari, Macello *) (Schlachthof), dt. von mir

I coltelli si accoppiano
nel monotono colore del sangue
stanchi dei giochi di emorragiche divinità
nemmeno l’esaltante e profonda tunica (pallida mucosa)
può ricaricarli di gioia
infiammati dai diffusi enfisemi
giacciono prostrati (e ripuliti)
nel rotondo bidone del tempo.

*) In: Nuovi Poeti Italiani 4, Torino 1994 (Einaudi: Collezione di poesia 249)

Donnerstag, 12. August 2010

brustvoll ein ...

brustvoll ein
strand und
von etruskern
gegraben
ein korinth

römische
lego-bausteine
cementitium

hafen sagen
und letzte

worte im wind


Samstag, 31. Juli 2010

daß da kein ...

daß da kein
schmerz
das herz
in einen reim
zwinge
bei dem was
sie schreibe

der gift
und das galle
und der wort

wird

Mittwoch, 28. Juli 2010

Frage uns nicht nach dem Wort ... (Montale)

Frage uns nicht nach dem Wort, das allseits bemesse
die Seele uns, die ungefüge, und mit Feuerlettern
sie beschrifte und erglänze wie ein Krokus,
der verloren steht inmitten staubiger Wiese.

Ach, wie der Mensch so sicher seines Wegs geht,
Freund anderen und selber sich
und seines Schattens nicht wahrnimmt, den die Julihitze
auf aller Mauern mürben Mörtel prägt.

Verlange nicht die Formel uns ab, die Welten öffne,
wenn schon zuweilen eine Silbe, dürr und krumm wie Zweige.
Was heut' wir sagen können, ist nur das,
was wir nicht sind, was wir nicht wollen.

Übertragung: Herbert Frenzel

Dienstag, 27. Juli 2010

Bitt nicht uns ums Wort (Montale)

Eugenio Montale "Non chiederci la parola"


jetzt jagt ...

jetzt jagt
sie sie mir
wieder
ins gehirn
die be-
schied’ne
summe
der tage

ganz des
un- ver-
gessen

dies modico
how much

es reimt sich

fast

auf „tesoro“

baba

Samstag, 24. Juli 2010

„kapern“

„kapern“
sagtest du

aus der
mauer
hervor
wuchs wieder
dieses

„sagtest du“

Dienstag, 20. Juli 2010

Music of the Vietnam War



war am anfang, news is from the end of the world. heute tun’s die andern, aber immer am ende der welt. das ende der welt wohnt im bild, immerzu dort, wo war war, was hören bleibt. ohne tat, die das wort. hörenbleiben. die ‚nehmliche Helle’ (Broch). die hölle, das nämlich-einhellige.

Ivano Ferrari: beinah’ schlafend schon seh’ ich ...

beinah’ schlafend schon seh’ ich
wie herden junger ratten
sich über kaputtes fleisch hermachen
fett, ganz ohne hast
zerlegen sie das göttliche
von unten herauf
die logik der ausrottung
im gefräßigen zubeißen
dies bißchen für bißchen
womit sie die gedanken zerreißen

Ivano Ferrari, Macello *) (Schlachthof), dt. von mir

Quasi dormendo osservo
mandrie di giovani topi
avventarsi sulla carne guasta,
grassi e senza fretta
sezionano il divino
muovendo dal fondo.
La logica di sterminio
nei piccoli morsi golosi
con cui sbranano i pensieri.

*) In: Nuovi Poeti Italiani 4, Torino 1994 (Einaudi: Collezione di poesia 249)

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